Dienstag, 20. Februar 2007

Klima ändert sich auch ohne Einfluss des Menschen





Wiesbaden (welt-des-wissens) - Im Laufe der etwa 4,6 Milliarden Jahre alten Geschichte der Erde hat es immer wieder dramatische Klimaveränderungen gegeben. Diese Tatsache wird bei den aktuellen Diskussionen über die globale Erwärmung wird oft nicht berücksichtigt, mahnt der Wiesbadener Wissenschaftsautor Ernst Probst. In seinen populärwissenschaftlichen Büchern "Deutschland in der Urzeit" und "Rekorde der Urzeit" beschrieb er den stetigen Wandel zwischen Warmzeiten und Kaltzeiten.

Die höchsten Temperaturen auf der Oberfläche der Erde herrschten laut Probst im frühen Präkambrium vor etwa 4,6 Milliarden Jahren. Damals war die Oberfläche unseres Planeten mindestens 1600 Grad heiß, was der Schmelztemperatur von Gesteinen entspricht. Es gab also noch keine feste Erdoberfläche.

Im Präkambrium vor etwa über 4 Milliarden Jahren bildeten sich die ersten Ozeane. Bis dahin waren die Temperaturen auf der Erdoberfläche zu hoch, um Wasser entstehen zu lassen. Es kann sich bei mehr als 100 Grad Celsius nicht bilden. Daher gab es in der Uratmosphäre unseres Planeten lediglich Wasserdampf.

Die ältesten Hinweise auf warmes Klima stammen - Probst zufolge - aus dem Präkambrium vor etwa 3,4 Milliarden Jahren. Dabei handelt es sich um Algenriffe, die nur bei warmem Klima und in flachem Wasser entstehen können. Reste solcher Riffe kennt man aus Gesteinen in Westaustralien.

Im Präkambrium vor etwa 2,4 Milliarden Jahren und vor etwa 700 Millionen Jahren haben auf der Erde die ersten Eiszeiten stattgefunden. Geologische Zeugnisse der Eiszeit vor etwa 700 Millionen Jahren kennt man aus der Normandie, Schottland und Norwegen.

Die ältesten Belege für ein wüstenhaftes Klima im Erdaltertum vor etwa 570 bis 250 Millionen Jahren wurden im Kambrium vor mehr als 510 Millionen Jahren gefunden. Es sind Salzlager in Sibirien und Indien, die entstanden, als große Mengen von Meerwasser verdunsteten.

In das Ordovizium vor etwa 510 bis 436 Millionen Jahren fielen die eisigsten Zeiten, die Brasilien und Nordwest-Afrika jemals erlebten, schrieb Probst in "Rekorde der Urzeit". Anfangs lagen vermutlich der Nordosten Brasiliens oder Guyana unter dem Südpol, später geriet Nordwest-Afrika in diese Position. Damals lastete eine kilometerdicke Eiskappe auf großen Teilen von Brasilien und Nordwest-Afrika. Andere Teile Brasiliens und der Sahara waren Flachmeergebiete, in denen riesige Eisberge trieben. Der heutige Pazifische Ozean befand sich unter dem Nordpol.

Zu den heißesten Gebieten im Silur vor etwa 436 bis 410 Millionen Jahren gehörten Südskandinavien, Südgrönland, die Hudson-Bay, die nordwestlichen USA und Nordaustralien. Dort verlief damals der Äquator. Zu jener Zeit entstanden in Nordamerika und Sibirien durch die Verdunstung von Meerwasser mächtige Salzlager und auf Gotland in Südschweden die ersten großflächigen Korallenriffe. Das südliche Afrika lag dagegen unter dem Südpol, weswegen dort eisige Verhältnisse herrschten.

Zu den kältesten Regionen im Devon vor weniger als 410 Millionen Jahren gehörte Südafrika. Es befand sich zu jener Zeit unter dem Südpol, wie unter anderem Vereisungsspuren auf dem Tafelberg bei Kapstadt zeigen. Afrika wanderte damals über den Südpol, Südamerika und Südafrika waren Teil einer Kaltwasserregion. Eine der grimmigsten Eiszeiten im Erdaltertum fand vor weniger als 355 Millionen Jahren im Karbon statt.

Zu den heißesten Gebieten im Perm vor weniger als 290 Millionen Jahren zählte Europa, das zu Beginn dieser Periode in der Nähe des Äquators lag. Die Reste von Pflanzen und Tieren auf der Nordhalbkugel der Erde belegen ein warmes bis heißes Klima, das im Laufe des Perm immer trockener wurde.

Die trockensten Zeiten Deutschlands im Perm waren vor etwa 250 Millionen Jahren gegen Ende dieser Periode, die auch Zechstein genannt wird. In diesem Abschnitt entstanden in Deutschland (Niedersachsen, Mecklenburg) durch die Verdunstung von Meerwasser bis zu 1.000 Meter mächtige Salzlager. Sie gelten als die größten Salzlager, die jemals gebildet wurden.

Ein besonders ausgeglichenes Klima herrschte – so Probst - in der Trias vor etwa 250 bis 205 Millionen Jahren, aus der die ersten Dinosaurier nachweisbar sind. Offenbar gab es keine jahreszeitlichen Schwankungen. Weite Teile Europas befanden sich in den Tropen. Nord- und Südpol lagen im offenen Ozean und bildeten keinen Eispanzer. Auch im Jura vor etwa 205 bis 135 Millionen Jahren war das Klima in Europa ausgeglichen.

Den besten Hinweis auf einen Wechsel von Trocken- und Regenzeiten in Deutschland während der Kreide vor etwa 120 Millionen Jahren lieferten Querschnitte von Nadelhölzern aus Nehden bei Brilon im Sauerland (Nordrhein-Westfalen). Enge Abschnitte mit jeweils 20 Holzzellreihen markieren eine Trockenzeit, weite Abschnitte mit jeweils 40 bis 50 Holzzellreihen dagegen eine Regenzeit.

Eine der gravierendsten Klimaänderungen ereignete sich an der Wende von der Kreidezeit zur Erdneuzeit vor etwa 65 Millionen Jahren. Sie veränderte die Pflanzen- und Tierwelt gravierend. In Südfrankreich verschwand beispielsweise die warmzeitliche Palmenflora. Ihr folgte eine Pflanzenwelt des gemäßigten Klimas, die fast ausschließlich aus Nadelwäldern bestand. In der Tierwelt verschwanden unter anderem die großen Meeresreptilien, die Flugsaurier und Dinosaurier.

Als wärmste Epoche der Erdneuzeit vor etwa 65 Millionen Jahren bis heute gilt das Eozän vor etwa 53 bis 34 Millionen Jahren. Fehlende Polvereisungen hatten damals die warmen Klimazonen weit nach Norden gerückt. In Amerika, Mittel- und Nordeuropa, Afrika, Asien und Neuseeland herrschte ein tropisches Klima. Sogar auf Spitzbergen, das sich heute im Nordpolarmeer befindet, konnten sich Pflanzen und Tiere der gemäßigten Zone behaupten. In Messel bei Darmstadt in Hessen entdeckte man fossile Riesenschlangen, Krokodile, Riesenlaufvögel, Urpferdchen, Ameisenbären und Schuppentiere. Ab dem Oligozän vor etwa 34 bis 23 Millionen Jahren sanken die Temperaturen weltweit.

Im Miozän vor etwa 20 Millionen Jahren war bereits die Antarktis mit Eis bedeckt. Vor rund 12 Millionen Jahren - ebenfalls noch im Miozän - lebten Menschenaffen und Säbelzahnkatzen am Urrhein, der damals etliche Kilometer westlich von Mainz floss.

Das letzte Eiszeitalter begann vor etwa 2,3 Milliarden Jahren und endete vor etwa 10000 Jahren. Es war durch einen ständigen Wechsel von teilweise sehr grimmigen Kaltphasen und milden Warmphasen gekennzeichnet. Die Kaltphasen werden als Kaltzeit bezeichnet, wenn keine Gletschervorstöße bekannt sind; gab es aber Gletschervorstöße spricht man von einer Eiszeit. Die Warmphasen heißen Warmzeit.

In Warmzeiten, Kaltzeiten und Eiszeiten existierte jeweils eine andere Pflanzen- und Tierwelt. In Warmzeiten beispielsweise lebten in Deutschland – wie Fossilfunde beweisen - unter anderem Affen, Flusspferde und Löwen. Reste einer rund 500.000 Jahre alten Tierwelt wie heute in Afrika fand man beispielweise in der Gegend von Wiesbaden. Im letzten Abschnitt des Eiszeitalters (Weichsel-Eiszeit bzw. Würm-Eiszeit) gab es in Deutschland Rentiere, Mammute und Fellnashörner.

Im Eiszeitalter waren Europa, Amerika und Asien von großräumigen Vereisungen betroffen. In den kältesten Phasen des Eiszeitalters betrugen die Durchschnittstemperaturen im Juli zwischen plus 5 und 10 Grad Celsius.

Die ältesten Spuren von Gletschervorstößen in Norddeutschland werden in die norddeutsche Elster-Eiszeit vor etwa 400.000 Jahren datiert. Damals bedeckten die skandinavischen Gletscher ganz Norddeutschland. Sie drangen darüber hinaus bis in die Gegend von Dresden (Sachsen), Erfurt (Thüringen), Soest, Recklinghausen und Kettwig (alle Nordrhein-Westfalen) vor.

Die weitesten Vorstöße der alpinen Gletscher in Deutschland erfolgten in der süddeutschen Mindel-Eiszeit vor etwa 400.000 Jahren. Sie reichten bis nach Biberach an der Riss, Ottobeuren, Mindelheim Fürstenfeldbruck, Erding, Mühldorf am Inn und Burghausen an der Salzach. In der süddeutschen Riss-Eiszeit vor etwa 200.000 Jahren rückten die alpinen Gletscher fast bis München und Augsburg vor.

Als letzte Eiszeiten mit Gletschervorstößen in Deutschland gelten die norddeutsche Weichsel-Eiszeit und die süddeutsche Würm-Eiszeit vor etwa 115.000 bis 10.000 Jahren (8.000 v. Chr.). Der weichsel-eiszeitliche Ostseegletscher breitete sich vor etwa 20.000 Jahren bis Flensburg, Kiel, Hamburg und Brandenburg aus. Die würm-eiszeitlichen Alpengletscher bedeckten das Alpenvorland vom Bodensee bis nach Salzburg. Zwischen den nordischen und alpinen Gletschern lag ein etwa 600 Kilometer breites, eisfreies Gebiet.

Im ältesten Abschnitt der Nacheiszeit (auch Holozän genannt) vor etwa 8.000 bis 7.000 v. Chr. betrug die mittlere Julitemperatur in Mitteleuropa etwa 8 bis 12 Grad Celsius. Zwischen etwa 5.800 und 3.800 v. Chr. lag die Durchschnittstemperatur im Juli bereits bei etwa 18 Grad Celsius.

Über das heutige Klima in Deutschland heißt es auf der Internetseite www.wetter.net:
"Deutschland hat ausgeprägte Jahreszeiten mit warmen Sommern und kalten Wintern. Die Durchschnittstemperaturen liegen im Sommer bei 25-30 Grad mittlere Maximumtemperatur im Juli), im Winter bei 0 bis minus 5 Grad (mittlere Maximumtemperatur im Januar). Kälteperioden mit Schnee und Frost sind jedoch außer in den Alpen selten. Niederschläge gibt es ganzjährig. Im Norden ist das Klima wechselhafter als im Süden Deutschlands."

"Die heutigen Menschen dürfen nicht in dem Irrglauben verharren, dass das gegenwärtige Klima immer so bleibt, wie es derzeit ist", warnt der Wissenschaftsautor Ernst Probst. Der ständige Wechsel zwischen Kaltzeiten und Warmzeiten auf unserem "blauen Planeten" ist nach seiner Ansicht nicht beendet. Was das für Pflanzen, Tiere und Menschen bedeutet, lässt sich nur erahnen.

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Der Wissenschaftsautor Ernst Probst

Ernst Probst schrieb unter anderem die Bücher "Deutschland in der Urzeit", "Deutschland in der Steinzeit", "Deutschland in der Bronzezeit" und "Rekorde der Urzeit. Seine Standardwerke über die Steinzeit und Bronzezeit werden in mehreren Bänden des ZEIT-Lexikon erwähnt.

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