Mittwoch, 15. Juni 2011

Autismus bei Frühmenschen ein Vorteil

Von Silke Krüsmann - Forschung-Wissen - Aktuelles aus Wissenschaft und Forschung -
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Autismus ist heute eine Krankheit, die für Autisten und vor allem deren Angehörige, ein großes Problem darstellt. Autismus ist eine Informationsverarbeitungsstörung des Gehirns die, unabhängig von der Intelligenz der Betroffenen, gesellschaftliche und kommunikative Interaktionen mit anderen Menschen erschwert. Gleichzeitig zeigen Autisten die Fähigkeit, sich wesentlich intensiver auf einzelne Aufgabenstellungen zu konzentrieren als Menschen ohne Wahrnehmungsstörungen. Wie viele Menschen tatsächlich unter Autismus leiden, ist nicht genau bekannt, da oft nur schwere Fälle, denen ein selbständiges Leben nicht möglich ist, registriert werden.

Der US-amerikanische Hirnforscher und Psychologie-Doktorand, Jared Reser, glaubt, dass sich der Autismus im Laufe der Evolution erhalten hat, weil dieser nicht immer von Nachteil für die davon betroffenen Menschen und die Gruppe in der sie lebten gewesen ist. "Die Neigung zum Zwanghaften, Wiederholten und Systematischen beim Autismus, die sich heute fälschlicherweise auf Aktivitäten wie Klötzchenstapeln richtet, könnte in der Vorzeit durch Hunger und Durst auf erfolgreiche Nahrungssuche fokussiert worden sein", schreibt Jared Reser in einem jetzt veröffentlichten Aufsatz im "Evolutionary Psychology".

Geistig und körperlich sind auch Autisten in der Lage, die notwendigen Kenntnisse für das Jagen und Sammeln von Nahrung zu erlernen. Zwanghafte Wiederholungen wirken sich auf das Erlernen neuer Tätigkeiten eher positiv aus, wenn es einmal gelungen ist, dass Interesse an einer neuen Beschäftigung zu wecken. Auch die Abneigung gegen Änderungen im Umfeld, die in der heutigen Zivilisation zu den größten Schwierigkeiten im Umgang mit Autisten führen, müssen bei den Frühmenschen nicht zwingend ein Nachteil für das Überleben der Gruppe gewesen sein.

Die erhöhte Aufmerksamkeit der Autisten könnte damals auch zu Warnungen vor der Annäherung von Raubtieren geführt haben. Erst als die Menschen begannen sesshaft zu werden, wurde die Andersartigkeit von Autisten, ihr scheinbar fehlender Gemeinschaftssinn und ihre Angst vor Veränderungen zu einem Problem für die Gesellschaft und damit zu einer "Krankheit".