Dienstag, 19. Februar 2008

Warum wir an die Sterne glauben


















Sagen Sternbilder etwas über Menschen aus? Ergebnis einer Umfrage von Gehirn&Geist im Dezember/Januar 2008 - Grafik: © Gehirn&Geist

Horoskope und andere Weissagungen von Astrologen halten einer genauen Prüfung nicht stand. Dennoch glauben selbst viele wissenschaftlich orientierte Menschen daran – und erliegen dabei einfachen Denkfehlern.

Aus: Gehirn&Geist, März 2008

Selbst Leser seriöser Wissenschaftsmagazine sind offenbar für die Sterndeutung empfänglich: Etwa zwölf Prozent glauben, dass Tierkreiszeichen (»Sternzeichen«) etwas über Menschen aussagen – und beinahe jeder Vierte hält das zumindest für möglich! Dies ergab eine große Online-Umfrage der Zeitschrift Gehirn&Geist aus dem Verlag Spektrum der Wissenschaft. Knapp jeder Fünfte der 464 Befragten liest demnach mindestens einmal im Monat ein Horoskop, und fast jeder zehnte tut dies, um entweder Rat und Hilfe für sein Leben zu bekommen oder mehr über sich selbst oder andere zu erfahren.

Der Soziologe und Astrologie-Kritiker Edgar Wunder untersucht in der März-Ausgabe von Gehirn&Geist (3/2008), warum so viele Menschen an die Astrologie glauben – entgegen allen wissenschaftlichen Befunden. Denn der Persönlichkeitspsychologe Martin Reuter von der Universität Bonn kam 2005 nach Analyse der Daten von 15.000 Personen zu dem Ergebnis: Menschen mit verschiedenen »Sternzeichen« unterscheiden sich nicht systematisch in ihrer Persönlichkeit. Der Australier und ehemalige Astrologe Geoffrey Dean schlussfolgerte auf Basis von mehr als 50 Studien, dass seine Zunft Horoskope und Persönlichkeitsprofile einander nicht besser zuordnen kann als ein Zufallsgenerator.

Trotzdem berichten viele Astrologen und ihre Anhänger ein Gefühl von subjektiver Stimmigkeit, das so genannte »Evidenzerlebnis«. Offenbar beruht es auf verschiedenen psychologischen Mechanismen, darunter dem Barnum-Effekt – benannt nach einem Zirkusdirektor, der behauptete, »für jeden etwas« im Angebot zu haben: Wenn Versuchspersonen etwa ein vermeintliches »Persönlichkeitsgutachten« vorgesetzt bekommen, das aus Teilen von Zeitungshoroskopen willkürlich zusammengesetzt ist, beurteilen sie es im Durchschnitt als gut bis sehr gut zutreffend (4,2 auf einer Skala von 1 bis 5). Allgemeine Aussagen wie »Sie neigen zu Selbstkritik« bejahten sogar 97 Prozent der Probanden! Ein weiterer Mechanismus, der »Evidenzerlebnisse« hervorruft, ist die so genannte Verifizierungsfalle. Wenn wir eine Hypothese haben, konzentrieren wir uns naturgemäß darauf, nach Beweisen anstatt nach Gegenbelegen zu suchen. Anders gesagt: Wissen wir, dass ein Kollege Wassermann ist, suchen wir bei ihm vor allem nach wassermanntypischen Eigenschaften wie Idealismus – und nicht etwa nach den typischen Steinbock-Qualitäten wie Geduld, obwohl wir hier ebenso wahrscheinlich fündig würden.

Solchen Denkfehlern unterliegt im Prinzip jeder: Der australische Psychologe Harvey Irwin von der University of New England in Armidale hat nachgewiesen, dass Astrologieanhänger genauso intelligent, kritisch und psychisch »normal« sind wie andere Menschen – im Durchschnitt aber etwas kreativer.

Keine Kommentare: