Donnerstag, 22. Februar 2007

So entstehen Fossilien





Wiesbaden (welt-des-wissens) - Als Fossilien (lateinisch: fodere, fossum = ausgegraben) werden heute nur die Überreste von ausgestorbenen Pflanzen und Tieren sowie deren Lebensspuren bezeichnet. Ursprünglich, zum Beispiel vom deutschen Naturforscher Georgius Agricola (1494–1555), dem Begründer der Mineralogie, Metallurgie und Bergbaukunde, hat man alle ausgegrabenen Besonderheiten, auch Mineralien und Steinwerkzeuge, des Erdbodens so genannt.

Die Geschichte des Lebens auf unserem Planeten könnte nicht geschrieben werden, wenn die Vorfahren der heute lebenden Pflanzen und Tiere nicht ihre Spuren oder fossile Reste hinterlassen hätten. Diese Überreste, also die Fossilien, ermöglichen es, die Entwicklung zu immer höher entwickelten Formen zu verfolgen.

Unzählige Milliarden von Tieren sind seit der Entstehung des Lebens auf der Erde vor etwa vier Milliarden Jahren gestorben. Trotzdem ist unser Planet nicht von Relikten toter Tiere übersät. Denn die Überreste bleiben nur in Ausnahmefällen erhalten.

Ein Fluginsekt oder ein Vogel etwa haben kaum Aussichten, innerhalb ihres Lebensraums fossilisiert zu werden. Dies kann nur geschehen, wenn der Körper des toten Organismus bald nach dem Absterben durch Schlamm oder Sand bedeckt wird. Zwar zersetzt sich auch dann der Weichkörper, aber die Hartteile werden vor der Zerstörung bewahrt.

Auch landlebende Wirbeltiere, wie Saurier, Mammute oder Nashörner, werden selten als Fossilien geborgen, weil ihre Leichen auf der Erdoberfläche der Zersetzung und der Verwitterung preisgegeben sind. Deshalb haben Pflanzen und Tiere, die einst in Meeren, Seen und Flüssen gelebt haben, eine größere Chance, der Nachwelt erhalten zu bleiben, als solche, die auf dem Land lebten.

Die wichtigste Voraussetzung für die Überlieferung eines vollständigen Skeletts ist, dass der Tierkörper nach dem Tod nicht mehr passiv fortbewegt wird, sondern an seinem Sterbeort bleibt, eingebettet wird und so völlig ungestört versteinern kann.

Als in der Jurazeit vor etwa 190 Millionen Jahren Fischsaurierleichen und die Körper von meeresbewohnenden Plesiosauriern, Krokodilen, Haien und anderen Fischen in das nicht besonders tiefe und schlecht durchlüftete Meer im Raum Holzmaden in Württemberg sanken, blieben sie auf dem Grund liegen und wurden im Skelettverband von herabsinkenden Sedimentpartikeln allmählich zugedeckt und so erhalten. Sie wurden so zu einem Teil der Gesteinssphäre, während sie vorher Teil der Biosphäre waren.
http://www.urweltmuseum.de

Die ebenfalls weltberühmten Fossilien aus den Plattenkalken des Oberjura von Solnhofen und Eichstätt in Bayern repräsen­tieren Hinterlassenschaften einer ufernahen Meeresbucht. Sie war vor etwa 150 Millionen Jahren gegen das Meer durch eine Kette von kleinen Riffen und Inseln abgetrennt, und hier in ihrem Schutz lagerten sich im ruhigen, warmen Tropenwasser feine Kalkschlamme ab. Von See her wurden Quallen, Krebse und Fische, von Land her kleine Echsen, tote Flugsaurier sowie der Ur‑Vogel der Gattung Archaeopteryx in den weichen Kalkschlicken eingebettet und so vollkommen überliefert, wie dies nur in einem ganz ruhigen Wasser mit günstigen chemischen und sedimentären Bedingungen möglich ist.

In Steppen und Wüsten wiederum konservierte der angewehte Staub und der alles einhüllende Feinsand die toten Tierkörper im Skelettverband. Da solche Einbettungsorte meist äußerst trockenes und warmes Klima haben, treten dort Mumifizierungen auf, die sogar zur Erhaltung von organischer Substanz, meist von harten Häuten und Schuppenkleidern, führen.

Buchstäblich mit Haut und Haaren sind manche Fossilien ans der Grube Messel bei Darmstadt in Südhessen erhalten, wo 50 Millionen Jahre alte Fische, Krokodile, Schildkröten, Schlangen, Vögel, Insektenfresser, Urpferde, Fledermäuse und andere Tiere aus dem Eozän ausgegraben werden.
http://www.grube-messel.de
Die einst in den oberen Wasserschichten des Messeler Urwaldsees lebenden Algen führten durch ihr Absterben zu einem ständigen Herabschweben zerfallender organischer Substanz, die beim Zersetzen den vorhandenen Sauerstoff aufbrauchte. Tote Fische, die zu Boden sanken, sowie die Leichen von Tieren der Uferregion des Sees und des umgebenden Landes, die in das Gewässer gelangten, blieben im sauerstoffarmen Bodenschlamm vor weiterer Zersetzung bewahrt und erhielten sich so bis zum heutigen Tage.

Säugetiere des Tertiär und besonders der Eiszeit und Nacheiszeit wurden häufig in Kiesen, Sanden und Tonen von Flüssen eingebettet. Hier kamen jedoch zu der Zerstörung und Zerteilung des Körpers durch den Transport und die sauerstoffreichen Wässer noch die Abrollung der Knochen und ihr Anschliff durch Sande hinzu. Nur die widerstandsfähigsten Skelett‑Teile wurden in diesem Fall überliefert. Oft sind Zähne mit ihrem harten Dentin (Zahnbein) und den Zahnschmelzüberzügen die einzigen übrigbleibenden Reste von Wirbeltieren. Dies gilt für die großen Backenzähne von Elefanten und Nashörnern ebenso wie für die kleinen Kauwerkzeuge von Mäusen und anderen Kleinsäugern, wie sie zum Beispiel in den mehr als eine halbe Million Jahre alten Ablagerungen des eiszeitlichen Mains und Rheins sowie der Taunusbäche in den Mosbacher Sanden bei Wiesbaden anzutreffen sind.
www.nws-wiesbaden.de/samm022.html
Auch tiefe Strudellöcher des Ur‑Rheins in der Oberrheinebene haben sich oft als fundreiche "Fossilfallen" erwiesen.

Eine besondere Form der Überlieferung ermöglichte der Vorgang der Entkalkung einerseits und die Erhaltung von Haut und sonstigen organischen Resten andererseits in eiszeitlichen oder nacheiszeitlichen Moorablagerungen. Ein im Moor versunkener Körper wird zwar durch die Humussäure des Bodens entkalkt und sinkt deshalb auch flach in sich zusammen, aber die Säure bewirkt gleichzeitig einen Gerbprozess, durch den die Haut lederartig wird.

Tierische Fossilien sind aber nicht die einzigen Zeugen der Urzeit. Die überdeckten Reste von Pflanzen etwa werden manchmal in Kohle umgewandelt. Diesen Vorgang nennt man Inkohlung. Frühzeitliche Insekten wiederum, die sich einst in klebrigem Harz verfingen, wurden in diesem, zu Bernstein erhärtet, der Nachwelt erhalten. Unter Luftabschluss bleibt dann selbst das feinste Geäder der Flügel sichtbar.

Auch Eier, Tierausscheidungen (Koprolithen), Schwanz- und Fußabdrücke können fossilisiert werden. So hinterließen beispielsweise große Dinosaurier vor etwa 150 Millionen Jahren in der Jurazeit bei Barkhausen an der Hunte im Wiehengebirge (Niedersachsen) tiefe Spuren im weichen Schlicksand.
http://www.geoberg.de/text/geology/03112002.php

In den Dauerfrostböden Sibiriens fand man zahlreiche große und kleine Mammute, die so tief gefroren waren, dass ihr Fell, ja auch ihr Fleisch, unzerstört blieb und ihr Magen unverdaut Pflanzennahrung enthielt. Es wird berichtet, dass Hunde von Zobeljägern sogar ihr Fleisch gefressen hätten.
http://www.lonetal.net/urtiere_mammut.html

Bei der Fossilisation können verschiedene chemische Vorgänge getrennt oder nebeneinander vorkommen: die Verkieselung, die Einkieselung oder die Verkiesung.

Bei der Verkieselung wird ursprüngliches Material (Kalkschale, Holz oder Knochengewebe) abgebaut und durch Kieselsäure (SiO) ersetzt. Auf diese Weise erfolgt molekülweise ein Austausch gegen Kieselsäure, wobei die ursprüngliche Struktur (etwa Jahresringe in Bäumen) sehr genau abgebildet werden kann (Pseudomorphose).

Im Gegensatz dazu bezeichnet die Einkieselung einen Vorgang, bei dem ein ursprünglicher Hohlraum nachträglich ganz oder teilweise mit Kieselsäure ausgefüllt wird. Bei der Einkieselung werden zum Beispiel die Hohlräume von Schneckenhäusern mit Kieselsäure gefüllt. Dieser steinerne "Ausguss" eines Hohlraumes, der Steinkern, bleibt auch dann noch erhalten, wenn die Kalkschale des Gehäuses gelöst wird. Häufiger erfolgt die Ausgießung eines Hohlraumes jedoch durch Sedimente.

Eine Verkiesung liegt vor, wenn ursprüngliche Substanz durch Pyrit ("Schwefelkies") oder Markasit ersetzt wird – zum Beispiel, wenn die ehemalige Kalkschale eines Ammoniten durch Pyrit ersetzt wird.

Vorgänge, die Organismenleichen so vorbereiten, dass sie in den späteren Zustand eines Fossils übergehen können, gibt es natürlich auch heute.

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Dieser Text stammt aus dem Buch "Deutschland in der Urzeit" des Wissenschaftsautors Ernst Probst, das inzwischen vergriffen ist.
Der Titel ist zeitweise antiquarisch erhältlich bei:
http://www.zvab.com
http://www.froogle.de

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