Mittwoch, 21. Februar 2007

Nessie: Das "schottische Weltwunder"



Video "Nessie" von Youtube

Leseprobe aus der CD-ROM "Nessie" (Das Monsterbuch) des Wissenschaftsautors Ernst Probst:





Wiesbaden (welt-des-wissens) - Mehr als 10000 angebliche Augenzeugen schworen bereits hoch und heilig, sie hätten im schottischen Hochlandsee Loch Ness südlich von Inverness ein leibhaftiges Seeungeheuer gesehen. Unter ihnen befanden sich so respektable Leute wie Geistliche, Juristen, Kriminalisten, Wissenschaftler, Ärzte, Bankiers, Offiziere und Politiker. Sogar der Nobelpreisträger für Chemie von 1952, Richard Synge (1914–1994), war ernsthaft davon überzeugt, „Nessie“ erblickt zu haben.

Bei den Sichtungen im Loch Ness soll oft ein prähistorisches Monster beobachtet worden sein: ein Plesiosaurier, der heute weltweit liebevoll „Nessie“ genannt wird. Den Schilderungen vieler Augenzeugen zufolge ist das „schottische Weltwunder“ etwa 8 bis 15 Meter lang, trägt einen verhältnismäßig kleinen, pferdeähnlichen Kopf auf einem langen Schlangenhals, besitzt ovale Augen, zwei bis sieben Höcker, paddelartige Flossen und hat eine dunkelgraue bis schwarze Haut. Das Seeungeheuer tauchte für Minuten bis zu maximal einer Dreiviertelstunde auf, verfügte offenbar über keine Stimme und soll – weil es bei lauten Geräuschen schnell verschwindet – sehr lärmempfindlich sein.

Diese Beschreibung passt zu urzeitlichen Plesiosauriern, die einst auch in England existierten. Doch jene Meeresreptilien sind nach Erkenntnissen der Paläontologen gegen Ende der Kreidezeit vor mehr als 65 Millionen Jahren ausgestorben und den kaltblütigen Tieren wäre es heute im kalten Wasser von Loch Ness nicht warm genug.

Bei Kryptozoologen verhallten die Argumente gegen ein Vorhandensein von Sauriern im Loch Ness jedoch ungehört. Die Kryptozoologie ist jene Wissenschaft, die sich mit der Suche nach verborgenen Tierarten (Kryptiden) befasst. Den Begriff „Kryptozoologie“ hat 1954 der belgische Zoologe Bernard Heuvelmans (1916–2001) für die Erforschung des Auftretens unbekannter Tierarten eingeführt. Das aus dem Griechischen stammende Wort „kryptos“ bedeutet versteckt, unbekannt, geheim oder geheimnisvoll.

Die 1982 gegründete „International Society of Cryptozoology“ zählt heute mehr als 850 Mitglieder. Ihr gehören selbst so renommierte Wissenschaftler wie die britische Schimpansenforscherin Jane Goodall und der südafrikanische Paläanthropologe Philipp Tobias an.

Nach Ansicht von Kryptozoologen saß „Nessie“ im Loch Ness, das früher eine Meeresbucht gewesen war, in der Falle, als sich gegen Ende des Eiszeitalters (Pleistozän) das vom Gletschereis befreite Land bei Inverness hob und den Zugang zum Meer abschnitt. Von da ab soll der See das Revier des Monsters gewesen sein.

Das Phänomen „Nessie“ hat sogar einen wissenschaftlichen Namen erhalten: Der britische Biologe Sir Peter Scott (1909–1989) bezeichnete 1975 die unbekannte Spezies vom Loch Ness als „Nessiteras rhomboteryx“ – zu deutsch: „rhombenförmiges Ness-Wunder“. Spötter behaupteten, dieser Begriff sei ein Anagramm von „Monster hoax by Sir Peter S.“ („Monster-Fälschung von Sir Peter S.“).

1996 schlugen die Herzen aller Monster-Fans höher, als der unter der Regie von John Henderson gedrehte Film „Nessie – das Geheimnis von Loch Ness“ in die Kinos kam. Der Streifen schildert die Geschichte eines Wissenschaftlers, der in Schottland nach dem sagenumwobenen Ungeheuer suchen und dessen Existenz ein für alle Mal widerlegen sollte.

Der „Nessie“-Forscher Dr. Robert Rines schockte unlängst alle Menschen, die ernsthaft an die Existenz des „Ungeheuers vom Loch Ness“ glauben. Er meinte, „Nessie“ sei bereits tot. Dies begründete er mit einer dramatischen Verschlechterung der Lebensbedingungen am Loch Ness.

Ungeachtet dessen sind nach wie vor Kameras auf den See gerichtet. Sie streamen Tag und Nacht aktuelle Bilder vom Loch Ness, damit möglicherweise irgendwann einmal der Beweis für die Existenz des Ungeheuers geliefert wird.

Loch Ness-Fans und „Nessie“-Jäger können sogar vom heimischen Computer aus unter die Oberfläche des berühmten schottischen Sees tauchen. Seit Anfang November 2001 überträgt die bewegliche Unterwasserkamera des Forschungsschiffes „M. V. Deepscan“ Bilder aus den Tiefen des Loch Ness ins Internet. Eine weitere Kamera auf einem Hügel hat den nördlichen Teil des Sees im Visier. Die Aufnahmen aus zehn Perspektiven werden alle 5 Sekunden aktualisiert.

Unzählige Seiten im Internet befassen sich in vielen Sprachen in Wort und oft auch in Bild mit dem „Ungeheuer vom Loch Ness“. Leider führt man gar nicht selten „Beweise“ für die Existenz von „Nessie“ an, die – wie das berühmte „Surgeon’s-Foto“ („Chirurgen-Foto“) von 1934 – bereits eindeutig als Fälschungen entlarvt sind.

Plesiosaurierartige Seeungeheuer wie „Nessie“ wurden im Laufe der Zeit angeblich auch anderswo gesichtet: Im Loch Lochy, im Loch Morar, im Loch Shiel und im Loch Lomond in Schottland, in der Faymouth Bay in Cornwall/England, im Vansee (Van Golü) in der Türkei, im Lake Champlain (US-Bundesstaat New York), im Lake Tahoe (Kalifornien) und im Lake Wallowa (Oregon) in den USA.

Vor der neuseeländischen Christchurch-Küste, am Mann Hill Beach (Massachusetts), vor einer der philippinischen Masbate-Inseln und an der ägyptischen Küste sollen sogar Kadaver plesiosaurierartiger Seemonster entdeckt worden sein. Jeder dieser Funde ist aber sehr umstritten.

Wenn es nach den Kryptozoologen ginge, verbergen sich auf allen Erdteilen noch viele bisher unbekannte Tierarten. Außer „Nessie“ und zahlreichen anderen Seeungeheuern suchen sie weltweit nach Affenmenschen wie dem „Yeti“ und „Bigfoot“, Beutelwölfen, Dinosauriern, Flugsauriern, Großkatzen, Mammuten, Moas, Riesenfaultieren, Riesenhaien, Riesenkraken, Riesenstraußen, Seeschlangen und Stellerschen Seekühen.

Auch in weiten Teilen der Bevölkerung herrscht eine merkwürdige Begeisterung für Ungeheuer jedweder Art. Diese Monstermanie ermöglicht den Erfolg von Filmen im Kino und im Fernsehen, in denen „Dinosaurier“, „Drachen“, „Einhörner“, Riesenaffen („King Kong“) und der „Weiße Hai“ Furcht und Schrecken verbreiten.

Trotz zahlreicher Sichtungen, Fotos, Filme und Sonarkontakte liegt bisher kein hundertprozentiger Beweis für die Existenz eines Ungeheuers im Loch Ness vor. Nur der Fang eines lebenden oder der Fund eines toten Exemplars kann jeden Zweifel beseitigen. Bis dahin lebt „Nessie“ zumindest in der Phantasie.

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